Ist der Antrag auf Abordnung zu einem anderen Dienstherrn für Beamte zulässig? Besteht Anspruch auf Abordnung und nachfolgende Versetzung, wenn der Beamte sich bei einem anderen Dienstherrn erfolgreich beworben hat? Ist die vorläufige Abordnung zu einem anderen Dienstherrn im Eilverfahren durchsetzbar?
Mit den Antworten u. a. auf diese und weitere Fragen rund um die Abordnung von Beamten im öffentlichen Dienst und Hintergründen zu einer dies betreffenden aktuellen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschluss vom 27. April 2021 – 2 VR 3/21 –, juris) befasst sich der nachfolgenden Wiese und Kollegen - Rechtsanwälte in Erfurt Blogbeitrag.
Sachverhalt
Im Streitfall ging es vor dem BVerwG um den Antrag auf Abordnung eines Beamten auf Lebenszeit beim Bundesnachrichtendienst (BND). Das BVerwG ist in Verfahren im Geschäftsbereich des BND in erster und letzter Instanz zuständig (vgl. § 123 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO).
Der Beamte hatte sich mit Erfolg bei einem anderen Dienstherrn beworben und dann bei seinem Dienstherrn einen Antrag auf Abordnung mit dem Ziel der Versetzung zu dem anderen Dienstherrn gestellt (a. a. O.).
Der BND lehnte den Antrag ab, wogegen der Beamte Widerspruch erhob (a. a. O.). Da das Hauptsacheverfahren (Widerspruchsverfahren und nachfolgend Klageverfahren) regelmäßig mehrere Jahre in Anspruch nehmen würde, stellte er parallel beim BVerwG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Damit sollte der BND durch das BVerwG zur vorläufigen Abordnung an den anderen Dienstherrn für die Dauer des Hauptsacheverfahrens verpflichtet werden (a. a. O.).
Der Streitfall warf mehrere Fragen auf, die das BVerwG nun mit seinem Beschluss vom 27.4.2021 geklärt hat.
Ist der Antrag auf Abordnung zu anderem Dienstherrn für Beamte zulässig?
Dass dem Beamten bei der Abordnung (anders als z.B. im Fall der Versetzung gem. § 28 Abs. 2 BBG) kein gesetzlich normiertes Antragsrecht zusteht, schließt auch nach Auffassung des BVerwG Anträge der Beamten nicht aus (a. a. O.). Insofern gilt nichts anderes z.B. für Anträge auf behördeninterne Umsetzungen etc.
Der Beamte kann daher bei seinem Dienstherrn jederzeit einen Antrag auf Abordnung – auch auf Abordnung mit dem Ziel der Versetzung zu einem anderen Dienstherrn - stellen. Dieser Antrag ist grds. zulässig und vom Dienstherrn u. a. mit Blick auf die Fürsorgepflicht und die Rechtsweggarantie auch in der Sache zu bescheiden.
Anspruch auf Genehmigung der Abordnung?
Nach Auffassung des BVerwG sei wegen fehlender gesetzlicher Grundlage einer Abordnung auf Antrag des Beamten für den Dienstherrn grds. bei der Entscheidung des Antrags ein noch weitergehender Ermessensspielraum als bei einer Versetzungsverfügung gegeben (a. a. O.). Die Ausübung des Abordnungsermessens diene in diesem Fall vorrangig dienstlichen Interessen (a. a. O.).
Daraus folgt auch unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG), dass für Beamte regelmäßig kein Anspruch auf unmittelbare Bewilligung der Abordnung besteht. Es besteht aber in jedem Fall Anspruch auf ermessensfehlerfreie und rechtmäßige Entscheidung.
Was ist eine Ermessensentscheidung und was ist „ermessensfehlerfrei“?
Bei der vorliegenden Ermessensentscheidung, ob der Antrag auf Abordnung zu bewilligen oder abzulehnen war, mussten nach den Rechtssätzen des BVerwG die dienstlichen Interessen mit den persönlichen Belangen des Beamten unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angemessen abgewogen werden (a. a. O.).
Im Rahmen einer solchen Ermessensentscheidung ist z. B. durchaus auch eine sog. Ermessensverdichtung (d. h. die Reduzierung des Ermessens der Behörde) dahingehend denkbar, dass allein die Bewilligung des Antrags des Beamten noch rechtmäßig und ermessenskonformen wäre (sog. Ermessensreduktion „auf Null“). Dies ist vom jeweiligen Einzelfall und den vorgetragenen bzw. in die Entscheidung einzubeziehenden Belangen abhängig.
Anspruch auf Abordnung mit dem Ziel der Versetzung bei Erfolg in einem Auswahlverfahren?
Daher stellte sich auch für das BVerwG die Frage, ob nach dem dortigen Sachverhalt von einer solchen Reduzierung des Ermessens und einem Anspruch des Beamten ausgegangen werden konnte. Im konkreten Fall des BVerwG änderte der vorhergehende Erfolg des Beamten in dem Auswahlverfahren bei einem anderen Dienstherrn nichts daran, dass lediglich Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung seines Antrags auf Abordnung bestand (a. a. O.).
Die vom Beamten vorgetragenen persönlichen Belange konnten insgesamt die vom Dienstherrn ins Feld geführten dienstlichen Belange nicht ohne weiteres überwiegen (a. a. O.).
Antrag auf Abordnung für Beamte im Eilverfahren?
Grundsätzlich kommt durchaus auch in Konstellationen eines Antrags auf Abordnung oder Versetzung die Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutzes (und z.B. der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung) für Beamte durchaus infrage. Daran ändert auch der hier besprochene Beschluss des BVerwG nichts.
Nach Auffassung des BVerwG wäre aber der Erlass einer solchen Regelungsanordnung im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren z. B. dann denkbar, wenn die gerichtliche Überprüfung zu Gunsten des Beamten eine Ermessensreduktion „auf Null“ (also hier den Anspruch auf die Abordnung und nachfolgende Versetzung im Rahmen der Ermessensentscheidung) ergäbe (a. a. O.).
Da das BVerwG nach den Darlegungen des Dienstherrn und des Beamten keinen Fall der Reduzierung des Ermessens auf unmittelbare Genehmigung des Antrags erkannte, wurde der Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung abgelehnt (a. a. O.)
Rechtliche Bewertung
Die Entscheidung des BVerwG beinhaltet keine „Neuigkeiten“ und bestätigt die herrschende Meinung in Literatur und Rechtsprechung zum rechtlichen Umgang mit derartigen Anträgen im Beamtenrecht.
Es bleibt insbesondere dabei, dass wegen der zwingend gebotenen - rechtmäßigen/haltbaren - Ermessensentscheidung des Dienstherrn jeder Einzelfall und Antrag auf Abordnung, Versetzung oder Umsetzung gesondert zu bewerten ist.
Deshalb lässt sich auch nicht pauschal beantworten, ob ein grds. durchaus denkbarer Anspruch auf Abordnung besteht oder nicht besteht und (ggf. im Eilverfahren) durchsetzbar wäre.
Daher ist es in solchen Fällen durchaus ratsam, frühzeitig den Kontakt zu einem im Dienstrecht spezialisierten Rechtsanwalt seines Vertrauens aufzunehmen.
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