Besteht die isolierte Möglichkeit des Rechtsschutzes, wenn der Dienstherr einen (i.d.R.) längere Zeit erkrankten bzw. krankgeschriebenen Beamten zum Amtsarzt schickt? Was kann ggf. gegen die Untersuchungsanordnung unternommen werden?
Nachdem das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) die erste Frage (ursprünglich im Gegensatz zur damals weit überwiegenden Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung) noch in seinem Beschluss vom 14.3.2019 verneint und hier i. S. v. § 44a VwGO allein auf die Möglichkeit eines Vorgehens (im Zweifel erst) gegen die Zurruhesetzungsverfügung selbst verwiesen hatte (BVerwG, Beschl. v. 14.3.2019 – 2 VR 5/18, NVwZ 2020, 312, beck-online), hat das Gericht sich nun im Rahmen einer aktuellen Entscheidung vom 27.6.2024 auch zu dieser Frage erneut positioniert. Um die aktuelle Antwort des BVerwG und daraus resultierende Empfehlungen für betroffene Beamtinnen und Beamte geht es in dem folgen Beitrag.
In dem neuen Urteil hat das BVerwG nun zunächst entschieden, dass ein Dienstherr nicht verpflichtet ist, nach einer anderweitigen Verwendung für einen Beamten zu suchen, wenn dieser sich einer amtsärztlichen Untersuchung verweigert und daraus auf seine Dienstunfähigkeit geschlossen wird (BVerwG, Urteil vom 27.6.2024 – 2 C 17.23, FD-ArbR 2024, 813817, beck-online). In diesem Zusammenhang musste das BVerwG sich i. Erg. aktuellerer Rechtsprechung des BVerfG (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 14. Januar 2022 – 2 BvR 1528/21 –, juris) erneut auch mit der Frage der Möglichkeit eines isolierten Angriffs einer Untersuchungsanordnung auseinandersetzen.
Das Urteil erging im Fall einer Lehrerin, welche sich (im Kontext länger währender dienstlicher Konflikte) den Anordnungen des Dienstherrn zur amtsärztlichen Untersuchung aufgrund von Zweifeln an ihrer Dienstfähigkeit wiederholt entzogen hatte. Da der Dienstherr die vermuteten gesundheitlichen Einschränkungen somit nicht amtsärztlich überprüfen konnte, wurde die Beamtin - ohne Prüfung einer möglichen anderweitigen Verwendung (vgl. § 26 Abs. 1 S. 3 und Abs. 2 und Abs. 3 BeamtStG) - wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt.
Die hiergegen geführte Klage blieb auch in letzter Instanz beim BVerwG ohne Erfolg. Die Folgen einer Verweigerung der amtsärztlichen Untersuchung seien zwar nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt. Gleichwohl könne aus einer Verweigerung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, aus dem Rechtsgedanken der §§ 427, 444, 446 ZPO auf eine Dienstunfähigkeit des Beamten und dabei auf fehlendes Restleistungsvermögen geschlossen werden.
Zwingende Voraussetzung dafür sei jedoch in diesem Fall die Rechtmäßigkeit der Untersuchungsanordnung zur amtsärztlichen Untersuchung. Diese müsse dafür insbesondere die tatsächlichen Anhaltspunkte für die Dienstunfähigkeit aufzeigen, damit der Beamte entscheiden kann, ob er sich der Untersuchung unterzieht oder das Risiko in Kauf nimmt, dies nicht zu tun und ggf. ein gerichtliches Eilverfahren einleitet. Art (Fachrichtung) und Umfang der Untersuchung seien zudem in der Untersuchungsanordnung zu bestimmen. Die Festlegung des Umfangs (etwa orientierende Untersuchung/fachärztliche Zusatzbegutachtungen) diene nach dem Urteil des BVerwG der Beschränkung der Untersuchung auf das für die Feststellung der Dienstunfähigkeit erforderliche Maß. Einer Festlegung des konkreten Untersuchungsablaufs oder einzelner Untersuchungsmethoden bedürfe es hingegen aus Sicht der Richterinnen und Richter am BVerwG nicht.
Nur wenn diese Anforderungen durch die Untersuchungsanordnung erfüllt sind, berechtige die Verweigerung der Untersuchung durch den Beamten den Dienstherrn dazu, von einem fehlenden Restleistungsvermögen und somit von der Dienstunfähigkeit des Beamten auszugehen.
Unabhängig davon, dass das BVerwG nun Klarheit dazu hergestellt hat, dass und unter welchen Voraussetzungen bei einer Verweigerung der amtsärztlichen Untersuchung die Dienstunfähigkeit angenommen/unterstellt und der Beamte daraufhin in den Ruhestand versetzt werden kann, wurde unter Korrektur der noch im eingangs genannten Beschluss vom 14.3.2019 (BVerwG, Beschl. v. 14.3.2019 – 2 VR 5/18, NVwZ 2020, 312, beck-online) vertretenen Auffassung richtiggestellt, dass isoliert (Eil-)Rechtsschutz gegen eine Untersuchungsanordnung möglich (und ggf. zur Vermeidung der Annahme der Dienstunfähigkeit auch erforderlich) ist. Diese Korrektur war i. F. d. jüngeren Rechtsprechung des BVerfG (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 14. Januar 2022 – 2 BvR 1528/21 –, juris) letztlich unausweichlich und verdient Zustimmung. So hatte das BVerfG dort unter Hinweis auf das Verfassungsgebot effektiven Rechtsschutzes gem. Art. 19 Abs. 4 GG ein Eilverfahren gegen eine vom Dienstherrn angeordnete amtsärztliche Untersuchung für zulässig gehalten.
Daher steht nun auch fachgerichtlich/höchstrichterlich geklärt (wieder) fest, dass betroffene Beamte sich gegen eine u. U. rechtswidrige Untersuchungsanordnung selbstverständlich unverzüglich isoliert zur Wehr setzen (und ggf. dazu Widerspruch erheben und parallel gerichtlichen Eilrechtsschutz ergreifen) können. Da gegen Untersuchungsanordnungen des Dienstherrn auch nach dieser „Kehrtwende“ des BVerwG effektiver Rechtsschutz grds. i. d. R. nur im Wege des Eilverfahrens möglich ist, ist betroffenen Beamten bei Zweifeln an der Haltbarkeit einer solchen Untersuchungsanordnung zu raten, unverzüglich fachlich versierten anwaltlichen Rat zu suchen.
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