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Anspruch auf Schadensersatz bei Falschauskunft des Arbeitgebers?

Matthias Wiese • 8. Juli 2020

Bestehen für Arbeitnehmer Schadensersatzansprüche bei fehlerhaften Auskünften durch den Arbeitgeber? 
Damit hat sich das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 18.2.2020 beschäftigt (BAG, Urteil vom 18. Februar 2020 – 3 AZR 206/18 –, juris; s. a. FD-ArbR 2020, 426247, beck-online).
Danach gilt, dass auch freiwillige Auskünfte des Arbeitgebers richtig, eindeutig und vollständig sein müssen (a. a. O.). Andernfalls müsse der Arbeitgeber für Schäden, die der Arbeitnehmer aufgrund der fehlerhaften Auskunft erleide, haften (a. a. O.).

Verfahrensgang

In dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall ging es um die Schadensersatzklage eines Arbeitnehmers. Die Beklagte hatte den Kläger im Zshg. mit dem Abschluss einer Entgeltumwandlungsvereinbarung nicht über eine unmittelbar bevorstehende Gesetzesänderung zur Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung gem. § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V informiert, die für ihn i. R. d. Sozialversicherung i. Erg. zur Beitragspflicht führte (a. a. O.). 
Zu Grunde lag eine Betriebsversammlung bei der Beklagten, bei der (auf Veranlassung der Beklagten) ein Mitarbeiter der Sparkasse als „Fachberater für betriebliche Altersversorgung“ deren Arbeitnehmer mit Hilfe von Folien über Fragen der Entgeltumwandlung und damit im Zshg. stehende steuerrechtliche Aspekte informiert hatte (a. a. O.). Infolgedessen entschied der Kläger sich zu der besagten Entgeltumwandlungsvereinbarung.
Mit der Klage begehrte der Kläger im Wege des Schadensersatzes die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge von der Beklagten und vertrat die Auffassung, diese habe ihn vor Abschluss der Entgeltumwandlungsvereinbarung über das laufende Gesetzgebungsverfahren zur Einführung einer Beitragspflicht auch für Einmalkapitalleistungen informieren müssen -er hätte dann eine andere Form der Altersvorsorge gewählt (a. a. O.).
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Die Revision der Beklagten hatte am Bundesarbeitsgericht in Erfurt Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht hat zwar bestätigt, dass auch im Bereich der betrieblichen Altersversorgung Auskünfte, die ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer ohne Rechtspflicht erteilt, richtig, eindeutig und vollständig sein müssen (a. a. O.). Eine Pflicht des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer bei einer Änderung der Sach- und Rechtslage zu unterrichten, wenn seine zuvor erteilten Auskünfte unrichtig werden, hänge davon ab, ob der Arbeitgeber aufgrund besonderer Umstände erkennen könne, dass die Richtigkeit der Auskunft auch für die Zukunft Bedeutung hätte ( a. a. O.).
Vorliegend konnte nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts jedoch offen bleiben, ob den Arbeitgeber nach der – überobligatorisch – erteilten richtigen Informationen über betriebliche Altersversorgung im Wege der Entgeltumwandlung überhaupt weitere Hinweispflichten auf bis zum Abschluss einer Entgeltumwandlungsvereinbarung erfolgende Gesetzesänderungen oder entsprechende Gesetzesvorhaben, die ggf. zulasten der Arbeitnehmer gehen, träfen (a. a. O.). 
Eine solche Verpflichtung setze nämlich voraus, dass der Arbeitnehmer konkret über diejenigen Sachverhalte informiert worden ist, die durch die (geplante) Gesetzesänderung zu seinen Lasten geändert wurden (a. a. O.). Dies traf vorliegend nicht zu, da auf der Betriebsversammlung über Beitragspflichten zur Sozialversicherung nicht unterrichtet wurde (a. a. O.). Daher konnte nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt auch dahingestellt bleiben, ob der Beklagten das Verhalten des Fachberaters der Sparkasse zuzurechnen war ( a. a. O.).

Rechtliche Bewertung

Auskünfte (auch freiwillige Auskünfte) des Arbeitgebers sind durchaus häufig anzutreffen und gehören sicherlich zum Arbeitsalltag. Ebenso häufig kommt es dann in der arbeitsrechtlichen Praxis eines Anwalts und der Anwältin für Arbeitsrecht zu Fragen im Zusammenhang mit solchen Auskünften. 
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt belegt, dass Arbeitgeber jedenfalls gut beraten sind, die Erteilung freiwilliger Auskünfte gut abzuwägen. Werden jedoch Auskünfte durch den Arbeitgeber erteilt, sollten diese immer richtig/eindeutig/vollständig sein. Ähnlich gilt dies im Übrigen schon wegen der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht (vgl. § 45 Beamtenstatusgesetz) bei derartigen Auskünften des Dienstherrn grds. auch im Beamtenverhältnis.

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